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Der digitale Generationenkonflikt

Head-down-Generation

Neulich in München, beim dreizehnjährigen Sohn von Bekannten waren Freunde zu Besuch. Gehört hat man die fünf Jungs nicht, und wer Kinder hat, weiß, das bedeutet oft nichts Gutes. Doch als mein Bekannter zu ihnen ins Zimmer schaut: Alle fünf sitzen auf dem Boden, starren auf ihre Smartphones und tippen. Auf seine Frage, ob sie sich nicht mal unterhalten wollen, kommt als Antwort: „Machen wir doch. Über WhatsApp.“

Ein wenig ratlos kommt mein Bekannter zurück zu uns ins Wohnzimmer und erzählt seine Begegnung. Sofort entspinnt sich eine lebhafte Diskussion um die Mediennutzung der „Head-down-Generation“ oder „Generation Kopf unten“ – so benannt nach der Kopfhaltung der mit Smartphone oder Tablet beschäftigten Jugendlichen. Die Frage, ob das noch normal sei, steht im Raum. Und es wird auch das Schreckensszenario der sozialen Abkapselung heraufbeschwören. Doch ich konnte meine Bekannten beruhigen, ebenso wie ich dich beruhigen will. Denn analoge Ignoranz hilft nicht wirklich weiter – und Ängsteschüren auch nicht.

Eltern und Kinder pflegen grundsätzlich eine andere, ja geradezu diametrale Umgangsform mit digitalen Medien. Daraus ergibt sich der galaktische Spagat, den es zu überbrücken gilt.

1984, als die Computer für den Hausgebrauch auf den Markt kamen, schrieb die Stiftung Warentest: „Man braucht es nicht, und trotzdem wird es wie verrückt gekauft. Was ist das? Ganz einfach: ein Heimcomputer.“ Und man kam zu dem Schluss: „Wer auf die elektronische Aufrüstung seines Heimes verzichtet, büßt keine Lebensqualität ein.“

Heute, rund 30 Jahre später, würde das wohl kaum jemand unterschreiben, denn wir wissen es inzwischen besser. Mehr als drei Viertel der Deutschen, exakt 82 Prozent, sind jeden Tag im Internet unterwegs. Der Computer sowie Smartphones oder Tablets gehören inzwischen zur Standardausstattung der meisten Haushalte.

Doch die Skepsis vor Neuerungen scheint so alt zu sein wie die Menschheitsgeschichte. So erklärt Prof. Winfred Kaminski, Leiter des Instituts für Medienforschung in Köln, mit einem Schmunzeln: „Schon Platon wetterte gegen die Schrift, weil sie das Erinnerungsvermögen zerstöre und wir nichts mehr auswendig lernten – natürlich, Homer war ein Sänger.“ Und so geht es weiter: bei der Erfindung des Buchdrucks, der Ausbreitung der Lesefähigkeit, der „Zeitungssucht“ des 17. Jahrhunderts.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts machte man sich ernstlich Sorgen, dass die Verwendung von Schreibheften dazu führe, dass niemand mehr auf eine Schiefertafel schreiben könne und die Präzision der Gedanken verloren ginge. Die „Telefonitis“ ist seit Erfindung der ersten Fernsprecher ein gern gebrauchter Begriff und ab Mitte des 20. Jahrhunderts wetterte man gegen die „viereckigen Augen“, die man von zu viel Fernsehkonsum bekäme. Du siehst schon, die Liste ließe sich beliebig weiterführen.

Generation orientierungslos?

Kinder haben eine wunderbare Eigenschaft: Sie treten neuen Erfahrungen vorbehaltlos entgegen. Wir Erwachsenen sind es, die mahnen und warnen, häufig ohne wirklich zu wissen, worum es eigentlich geht. So auch im Falle der Digitalisierung!

Orientierungslos – das sind oft die Erwachsenen beziehungsweise die ältere Generation.

Prof. Kaminski meint: „Jedes Medium braucht eine gewisse Zeit, ehe es von den so genannten ‚early adopters‘ – das sind ja meist die Jüngeren, die auf so was abfahren – in die Mitte der Gesellschaft hineinreicht. Sobald die 60-Jährigen das auch normal benutzen, spricht kein Mensch mehr davon.“

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Digital Natives

Der amerikanische E-Learning-Experte Professor Marc Prensky prägte 2001 den Begriff der Digital Natives. Prensky beschrieb damit eine Generation, die mit den vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten des World Wide Web groß geworden ist. Spielerisch und ganz ohne Berührungsängste recherchieren sie im größten Informationspool aller Zeiten und trainieren Ihr Gehirn so per Neuronation nebenbei ganz automatisch.

Ihnen gegenüber stehen die Jahrgänge, die vor 1980 geboren wurden: Sie werden als Digital Immigrants bezeichnet. Aufgefallen war Prensky die Kluft zwischen „digitalen Ureinwohnern“ und „digitalen Immigranten“ an Universitäten und Schulen: In Bezug auf Internet- und Computernutzung stellte Prensky eine Umkehr des Wissenstransfers fest. Die Lernenden erklärten den Lehrenden die Möglichkeiten der digitalen Werkzeuge.

Die Sorgen, die wir „Älteren“ uns um die digitale Verdummung einer ganzen Generation nach uns machen, sind also eigentlich die Sorge um uns selbst. Wenn Erwachsene auf die Kinder schließen, dann hat sich der Generationenwechsel verkehrt – und es stellt sich die Frage, wer hier von wem noch etwas lernen kann.

Früher war alles besser!?

Ein Credo, das wir noch von unseren Großeltern oder sogar Eltern kennen und das schon damals nicht wirklich stimmte. Früher war nicht alles besser, nur anders.

Als Digital Immigrant fragt man sich ja schon manchmal, wie konnten wir Kinder der Generation der vor 1980 Geborenen nur so lange überleben? Ganz ohne Smartphone und Internet? Eigentlich ganz einfach. Nämlich so:

In meiner Kindheit spielten wir Kinder noch auf der Straße und „im Dreck“. Zuhause mussten wir sein, wenn die Kirchturmuhr 18.00 Uhr schlug, der Tante Emma Laden schloss und in den Straßen die Laternen angingen. Die 3 Kilometer zu meinem besten Freund lief ich zu Fuß in den Nachbarort. Klingeln musste ich bei ihm nicht, ich ging durch die Küche rein, denn die Küchentür war immer nur angelehnt. Meine Eltern hatten meistens keine Ahnung, wo ich genau war. Handys besaßen wir alle nicht.

Wir versteckten uns im Heu des benachbarten Bauern, bauten Baumhäuser und kletterten im Wald auf Jagdsitze oder auf dem Feld auf Strohballen. Wir bauten Flöße aus herumliegenden Hölzern und kenterten damit im Fluss. Wenn es zu regnen anfing, spielten wir weiter und wurden nass – oder stellten uns kurz unter eine Tanne.

Kennst du das auch? Kommt dir das bekannt vor? Dann wurdest du wohl vor 1980 geboren! Herzlichen Glückwunsch. Jetzt darfst du etwas von deinen Kindern lernen …

Veränderung und Innovation

Wenn sich die digitale Lebenswelt den „Älteren“ nicht mehr erschließt, bleibt nur die Sorge. „Doch anders als in vergangenen Jahrzehnten, in denen Rock ’n’ Roll und Punk nur die Musik verändert haben, stellen die Digitalisierung und die daraus erwachsende Jugendkultur erstmals die gesamten gesellschaftlichen Strukturen nachhaltig auf den Kopf.“ Philipp Riederle beschreibt dieses Szenario in seinem Buch „Wer wir sind und was wir wollen“.

Für die Jungen ist die digitale Welt eine Mitmachkultur. Durch zahlreiche Kreativtools kreieren sie Angebote und Kooperationsmöglichkeiten. Gratis verfügbare Blogs, Tauschbörsen für Fotos, Grafiken und Musik machen den herkömmlichen Dienstleistern Konkurrenz. Zumeist steht dabei gar nicht der Profit, sondern die Bereicherung des digitalen Gemeinwesens im Vordergrund. Und das ist laut Riederle vielleicht der wesentlichste Unterschied: „Die Paradigmen haben sich verschoben, wir kommunizieren nicht vom Sender zum Empfänger, sondern miteinander. Die digitale Welt ist kein Paralleluniversum, sondern es ist unsere Welt, die wir gestalten.“

„Digital Natives“ sehen nicht fern, weil Fernsehen bedeutet, sich einem vorgeschriebenen Programm zu unterwerfen. „Programm“ kommt übrigens aus dem Griechischen und bedeutet „Vorschrift“. Fernsehen wann und wo man will, lautet die Devise.

Eine Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat belegt, dass gerade einmal 3 Prozent der Jugendlichen, die älter als 14 Jahre sind, den Computer mehr als vier Stunden pro Tag für Computerspiele nutzen. 59 Prozent spielen Denk- und Strategiespiele, 18 Prozent nutzen den Computer zur Weiterbildung oder zum Sprachentraining. 96 Prozent der jugendlichen Nutzer von sozialen Netzwerken kennen ihre Internetkontakte auch real. Diese Zahl kann man glauben oder nicht, sie widerspricht jedoch gängigen Klischees.

Die beruhigende Nachricht für alle besorgten digitalen Immigranten lautet: Das Internet ermöglicht und verstärkt soziale Interaktion, es verhindert sie nicht.

Die „Generation online“ ist vor allem eins, multitaskingfähig. Diese spezielle geteilte Aufmerksamkeit ist eine Art, Dinge effizienter abzuarbeiten. Die neue Generation ist nicht reizüberflutet, sie sucht und findet und selektiert. Sie wird schneller erwachsen, weil sie Zugang zu allem hat. Digital Natives haben einfach eine andere Erwartungshaltung an die Medien. Ob das nun gut oder schlecht ist, sei einmal dahingestellt. Fakt ist: Wir können es nicht mehr ändern und schon gar nicht verhindern.

Die Digitalisierung der Welt führt zu einer kaum abschätzbaren Generationenbewegung. Und Veränderungen machen Angst. Ulrike Wagner, die Direktorin des Instituts für Medienpädagogik, sieht es ähnlich: „Ein schlichtes ‚Früher-war-alles-besser‘ verklärt den Blick und lässt außer Acht, welche Potentiale diese neuen Medien mit sich bringen.“

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